Am Puls der Zeit: Spitzenforschung im Deutschen Museum Bonn

Offen für Neues und mit Gespür für wegweisende technische Entwicklung: Damit ist das Deutsche Museum Bonn ein begehrter Partner für Forschung und Wissenschaft. Ein Beweis dafür ist das sogenannte RHINO-Projekt, bei dem Informatiker der Universität Bonn seit 1993 den ersten interaktiven Museums-Tour Guide RHINO entwickelten. Seine praktischen Fahrversuche machte der Roboter im Deutschen Museum Bonn, führte große und kleine Besucher durch die Sammlung. Weiterentwicklungen der Algorithmen, die damals RHINO lenkten, finden heute in den Autonomen Fahrzeugen von Google, BMW, Daimler und anderen Herstellern Anwendung.

Mit RHINO zeigte die Bonner Forschungsgruppe für Künstliche Intelligenz um Prof. Armin B. Cremers und seinen „Doktorsohn“ Sebastian Thrun zum ersten Mal, dass robuste Navigation in einem Alltagsszenario wie einer Museumsführung möglich ist, also auch ohne Vorwissen über die Ausgangsposition eines mobilen Roboters dessen Position und Orientierung auf effiziente Weise zu schätzen. Diese Erkenntnisse beeinflussten maßgeblich die Automobilindustrie: So gewannen die Forscher aus dem RHINO-Team, Sebastian Thrun und Dirk Haehnel, inzwischen an der Stanford Universität, im Jahr 2005 die DARPA Grand Challenge mit einem VW Touareg. Der von der Technologieabteilung Defense Advanced Research Projects Agency des US-amerikanischen Verteidigungsministeriums gesponserte Wettbewerb für unbemannte Landfahrzeuge sollte die Entwicklung vollkommen autonom fahrender Fahrzeuge vorantreiben. Thrun, Professor und Leiter des Artificial Intelligence Lab an der Stanford Universität, wurde wenig später Vizepräsident von Google und verantwortete u.a. die Entwicklung des Google Street View Cars, einer Schlüsseltechnologie des Konzerns.

Zahlreiche Auszeichnungen für das RHINO-Team

Ein weiterer Indikator für die fundamentale Bedeutung der RHINO-Forschung sind die Auszeichnungen, die Armin B. Cremers und seine Mitstreiter, Wolfram Burgard, Dieter Fox, Dirk Hähnel, Gerhard Lakemeyer, Dirk Schulz, Walter Steiner und Sebastian Thrun beim Wettbewerb der American Association for the Advancement of Artificial Intelligence (AAAI) für ihre Forschungsergebnisse erhielten – mit jährlich ca. 1.000 Einreichungen eine der wichtigsten Konferenzen im Bereich der Künstlichen Intelligenz. Bereits 1998 zeichnete die Organisation das grundlegende Papier „The Interactive Museum Tour-Guide Robot“ mit dem Best Paper Award „for significant contributions to probabilistic robot navigation and the integration with high-level planning methods“ aus. Weil die Technologie von heute ohne die Forschung von damals nicht denkbar wäre, kürt die AAAI jährlich die einflussreichsten Papiere der AAAI-Konferenzen von vor 20 Jahren. Und so kamen Burgard und seine Kollegen Dieter Fox, Daniel Hennig und Timo Schmidt schon 2014 in der Kategorie Honorable Mention Corecipients auf den 2. Platz – ausgezeichnet wurden sie für ihr Paper „Estimating the Absolute Position of a Mobile Robot Using Position Probability Grids“, das sie bereits 1996 bei der AAAI präsentiert hatten. Mit dem darin beschriebenen Verfahren fuhr Museumsroboter RHINO durch das Deutsche Museum Bonn. Im vergangenen Jahr landete das oben genannte Paper von 1998 „The Interactive Museum Tour-Guide Robot“ dann auf Platz 1 der Classic Paper Awards. Und 2017 gab es in dieser Kategorie einen weiteren 1. Platz für Wolfram Burgard, Frank Dellaert, Dieter Fox und Sebastian Thrun: In dem Paper von 1999 „Monte Carlo Localization: Efficient Position Estimation for Mobile Robots“ hatten die Forscher RHINOS Lokalisierungsverfahren weiterentwickelt – es fand auch auf dem Roboter Minerva im Smithsonian Museum of American History Anwendung.

Begeisterte Besucher

Entwickelt von Bonner Forschern und gebaut von der US-amerikanischen Firma Real World Interface, führte RHINO 1997 sechs Tage lang hunderte Besucher durch das Deutsche Museum Bonn. So konnten zum Beispiel Besucher des Bonner Museumsmeilenfestes den tonnenförmigen RHINO über Knöpfe auf der Oberseite bedienen: Ob kurze oder lange Führung, eine Extraportion Erläuterungen oder gezieltes Ansteuern eines bestimmten Ausstellungsstücks – der Roboter erfüllte zuverlässig die Wünsche der Besucher.

Wegweisende Forschung in der WissensWerkstatt

Das Deutsche Museum Bonn reagierte damals freudig auf die Anfrage des Forscherteams – wo, wenn nicht in der Bonner Dependance des Deutschen Museums in München sollte innovative Forschung aktiv unterstützt und zugleich einem breiten Publikum zugänglich gemacht werden? Diesen Auftrag nimmt das Museum auch heute sehr ernst. Mit seinen zahlreichen interaktiven Exponaten und zielgruppenspezifischen Vermittlungsangeboten werden auch komplizierte Zusammenhänge für alle begreifbar und erlebbar. So haben bis heute 12 Nobelpreisträger ihre Exponate dem Deutschen Museum Bonn überlassen. „Wir wollen die Angst vor Mathematik und Schraubenschlüssel nehmen und als außerschulischer Lernort Technik und Wissenschaft erlebbar machen. Es ist uns ein Anliegen, die so wichtige MINT-Bildung jungen Menschen ungeachtet ihrer Bildungsbiografie und Herkunft spielerisch und nachhaltig zu vermitteln“, sagt Museumsleiterin Dr. Andrea Niehaus. Und weil RHINO ein technisch spannendes wie optisch gelungenes Beispiel für die jüngste Wissenschaftsgeschichte ist, arbeitet Niehaus derzeit daran, den selbstfahrenden Museumsführer möglichst bald an die Ahrstraße zu holen.

Rhino-Mitentwickler Dr. Wolfram Burgard über das Deutsche Museum Bonn

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